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Die Debatte im Neuen Deutschland über die nationale Frage:
Kritik an André André
von maf  
 

PDS Wahlkampfleiter André Brie hat die Debatte, wie national die Linke sein müsse, mit der unzutreffenden Behauptung angezettelt, sie, die Linke habe die nationale Frage vernachlässigt. Das stimmt nicht. Wahr ist vielmehr, daß die Antworten auf den Komplex nationaler Fragen bis auf den heutigen Tag zwischen links und rechts hart umkämpft sind. Um welche Fragen geht es?

Wo ist die Bundesrepublik Deutschland? Vor dem Anschluß der DDR sagt die Linken: in der BRD. Der Anschluß der DDR und damit verbunden das Verschwinden des besonderen Berlin-Status war ein nationalistischer Triumph der Rechten, die damit nicht zufrieden sind, sondern Nachbarn wie Polen und die Tschechische Republik mit Ansprüchen ams deren Land und Leute konfrontieren, während die Linke darauf besteht, daß die BRD an den jetzigen Grenzen eine Grenze hat.

Wer hat in der BRD das Bürgerrecht? Wer sich infolge Geburt oder Wanderung hier niedergelassen hat, sagt die Linke. Die Rechte meint, wer deutsches Blut hat. Unterdrücken andere Staaten die BRD? Die Linke ist sich darüber im klaren, daß Wirtschaft und Gesellschaft der BRD aus der Unterdrückung anderen Länder Nutzen ziehen. Die Rechte allerdings pflegt Ansprüche, die zur Militarisierung der Außenpolitik führen. Die Linke tritt dagegen für die Zivilisierung der Außenpolitik ein. Werden innerhalb der BRD Menschen und Gruppe wegen ihrer nationalen Herkunft politisch unterdrückt? Die Linke wird hoffentlich niemals müde, gegen die politische Rechtlosigkeit der Zugewanderten anzukämpfen, es ist dies eine der entscheidenden politischen Fragen nationalen Zuschnitts, sie stellt sich auf dem ganzen Gebiet des Staates und prägt das Leben aller Bewohner.

War der Anschluß der DDR ein Akt der nationalen Befreiung? Die Rechten meinen: Jawollja! Links meint man eher, daß die angeschlossenen DDR-Bürger einem System von Zurücksetzungen ausgesetzt sind. Die Produktionsmittel gehören überwiegend Westlern, und in den öffentlichen Einrichtungen haben Westler die Führung und das Sagen. Die PDS hat dazu einen ganzen Komplex politischer Forderungen, etwa zum Überleben und zur Stärkung von Genossenschaften, von kommunaler Selbstverwaltung und politischer Demokratisierung sowie nach der Beendigung der rechtlichen Benachteiligungen.

Die Behauptung, die Linke habe den Komplex nationaler Fragen den Rechten überlassen, ist der Versuch, sich an der Kontroverse mit den Rechten vorbeizuschwindeln. Wenn der Meinungskampf, der jetzt im ND brutzelt, dazu führt, daß man von der PDS glaubt, sie meine, die Nation werde den angeschlossenen Brüdern und Schwestern schon helfen ? Also, das ist nicht auszudenken! Durch Hilfsversprechen unter Berufung auf den nationalen Zusammenhalt haben Kohl, Waigel, Genscher so viele Menschen im Osten um Volksvermögen und Selbstverwaltung brachten, das dürfte nicht dazu geführt haben, daß Versprechungen auf nationaler Basis im Osten glaubwürdiger werden. ? Wie national muß die Linke sein?

n Abwandlung eines alten Spruchs: Von Kohl lernen, heißt Unterliegen lernen. Im Ernst: Die Situation ist verkehrt. Gerade weil man bis an den Rand der Gewißheit hoffen darf, daß der Anhängerkreis der PDS seine Hoffnung nicht auf Nationalismus setzt, muß man befürchten, daß der Versuch von André Brie, aus der trüben rechten Soße ein paar Stimmen zu fischen, die Wahlchancen der Linken verschlechtert und die Wahlchancen der Rechten verbessert. Das alles kann korrigiert werden, aber es pressiert. (ams gruppe)

 
© maf aus: Politische Berichte (Zeitung der Gruppe für Sozialistische Politik), 21.08.1998

 
Roland Wehl

 
In der SPD tobt - von der Öffentlichkeit kaum registriert - ein Kulturkampf um die Deutung ihrer Tradition. Dabei geht es um nichts geringeres als das patriotische Erbe der Partei. Zugespitzt hat sich dies aktuell an einer Entschließung zum Verhältnis der SPD zu studentischen Burschenschaften. In etwas abgeschwächter Form hat der Bundesvorstand der SPD einen jüngst auf Initiative linksgerichteter Jungsozialisten gefaßten Parteitagsbeschluß zur Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten und in einer Burschenschaft vollzogen. Wer sich in einer Korporation des Verbandes Deutsche Burschenschaft engagiere, müsse wegen des dort vorherrschenden "völkischen" und "großdeutschen" Weltbildes mit einem Parteiordnungsverfahren rechnen, legte die SPD-Führung am 16. Januar fest und verzichtete damit auf einen formellen Unvereinbarkeitsbeschluß. Mit der Entschärfung des Abgrenzungsbeschlusses sind die Parteilinken unzufrieden: Die Einzelfallentscheidung sei eine "belanglose Gewissensberuhigung", so der Bundesvorsitzende der Jungsozialisten, Björn Böhning. Der Vorstand drücke sich damit "vor einer offensiven Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus". Das Thema "Burschenschaften" dürfte für die Sozialdemokraten ein eher randständiges sein; doch immerhin hat die Auseinandersetzung über den Kreis der "Betroffenen" - Sozialdemokraten wie Korporierte - hinaus ihren Niederschlag in der Berichterstattung gefunden. Das mag daran liegen, daß der von den Antragstellern zum sozialdemokratischen "Wert" erhobene Antifaschismus einerseits und die offenkundigen Schwierigkeiten der Parteiführung andererseits, dies ohne Abstriche nachzuvollziehen, eine gewisse inhaltliche Diskrepanz erkennen lassen. Sind die Burschenschaften rechts(extrem), weil sie sich ohne Zweifel prononciert national geben? Und heißt links (oder sozialdemokratisch) demzufolge anti-national zu sein? Die nationale Bewegung des neunzehnten Jahrhunderts auf das liberale Bürgertum - und damit nicht zuletzt auf die Burschenschaften - zu beschränken, wäre eine historische Verkürzung, wie Peter Brandt in seinem Werk über "Sozialdemokratie und Nation" feststellte. Die Arbeiterbewegung als Keimzelle der SPD sah im Nationalstaat die politische Basis der Revolution. Und so nimmt es nicht wunder, daß der SPD-Führer August Bebel im Reichstag an die Adresse der Konservativen gerichtet ausrief: "Wir verteidigen ... unser Vaterland nicht ihnen zuliebe, sondern ihnen zum Trotz!" Für die Zeit der Weimarer Republik können Namen wie Philipp Scheidemann oder Paul Löbe genannt werden, der den Versailler Vertrag als "traurigsten Abschnitt der deutschen Geschichte" bezeichnete und die Sozialdemokraten auf die "Wiedergeburt des deutschen Volkes" einschwor. Nicht zu vergessen ist auch, daß es der Sozialdemokrat Friedrich Ebert war, der 1920 das Deutschlandlied zur Nationalhymne erkor. Nach nationalsozialistischer Schreckensherrschaft und Zweitem Weltkrieg trat der Sozialdemokrat Kurt Schumacher am vehementesten für die Wahrung deutscher Interessen gegen die der Alliierten ein. Von ihm stammt der Satz, "unerträglich aber ist die Methode, jeden Versuch deutscher Selbstbehauptung als Nationalismus verdächtigen zu wollen". Und die ersten beiden sozialdemokratischen Bundeskanzler, Willy Brandt und Helmut Schmidt, bestritten ihre erfolgreichen Wahlkämpfe mit schwarz-rot-goldenen Plakaten unter dem Motto: "Deutsche, ihr könnt stolz sein auf unser Land" und "Modell Deutschland". Egon Bahr brachte es 1982 in einem Zeit-Artikel auf den Punkt, in dem er feststellte: "Wenn ein Deutscher sagt, die Nation spiele keine Rolle mehr, dann seien Sie mißtrauisch. (...) Entweder ist er dumm, oder er ist falsch, und beides ist gefährlich. (...) Es ist überhaupt kein Zweifel, daß die Nation als Vorstellung und Wille und als Identifizierungskörper wieder ins politische Bewußtsein rückt." Auch Juso-Chef Böhning sind die seinen Intentionen zuwiderlaufenden Wurzeln der SPD nicht unbekannt. Es sei wahr, gab er in einem Interview zu, "daß nationale Ideologien in der Geschichte der SPD durchaus vertreten waren", nur müsse man sich heute davon "klar abgrenzen". Wenn also die vom antifaschistischen Furor gepackten Jungsozialisten - und mit ihnen die Mehrheit des Karlsruher SPD-Parteitags - diese Distanzierung für notwendig erachten, vollziehen sie eine Umdeutung der historischen Substanz ihrer Partei. Denn es war beileibe keine Minderheit in der SPD, die sich zu Nation und Vaterland bekannten. Es hieße also jenem reaktionären Diktum nachträglich zum (unverdienten) Durchbruch ins historische Gedächtnis zu verhelfen, stellte man die Sozialdemokraten grundsätzlich als "vaterlandslose Gesellen" hin - auch wenn damit aus Sicht einiger Linker heutzutage eine positive Konnotation verbunden ist. Kluge Linke haben schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erkannt, daß es ein Fehler der 68er gewesen ist, das Thema Nation kampflos der bürgerlichen Rechten zu überlassen, obwohl diese in Wahrheit viel eher kapitalistisch und daher global orientiert sei. So stellte der sozialdemokratische Intellektuelle Tilman Fichter fest: "... wenn es uns nicht gelingt, die soziale und nationale Frage mittelfristig positiv zu verknüpfen, bleibt der Sozialismus ... ein interessantes Randphänomen". Vor allem begehen die Traditionsstürmer einen strategischen Fehler: Denn in den meisten Fällen hat die SPD gerade dann an Wählerzustimmung verloren, wenn sie sich anti-national gab. Kein geringerer als ihr Ehrenvorsitzender Willy Brandt hat dies im Dezember 1990 deutlich gemacht, als er auf einer Vorstandssitzung dem damaligen Kanzlerkandidaten Oskar Lafontaine die Hauptschuld an der Niederlage in den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen gab. Brandt warf dem linken Saarländer, dem er zuvor anläßlich der Feierstunde am 3. Oktober demonstrativ den Handschlag verweigerte, vor, in der deutschen Einheit "eher eine Bürde als eine Chance" gesehen zu haben. Die Verknüpfung von nationalem mit sozialem Interesse haben einige führende Sozialdemokraten wiederentdeckt: Hervorstechendstes Beispiel ist die Schelte Gerhard Schröders gegen "unpatriotische" Unternehmer, die trotz hoher Gewinne ihre Produktionsstätten ins Ausland verlagern. Mag dies auch ein populistisches Wahlkampfmanöver gewesen sein: Nur der Nationalstaat bietet einen gewissen Schutz vor den negativen Auswüchsen der Globalisierung. Gerade weil sich die Union mit ihrem Kurs in Richtung "mehr Markt, mehr Europäisierung" den letzten Wahlsieg verbaute, muß die SPD, um Erfolg zu haben, zweierlei sein: links und national.
 
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Hermann Heller (* 17. Juli 1891 in Teschen; ? 5. November 1933 in Madrid) war ein deutscher Jurist jüdischer Abstammung und Staatsrechtslehrer. Er lehrte an den Universitäten Kiel, Leipzig, Berlin und Frankfurt am Main. Heller prägte in seiner Schrift Rechtsstaat oder Diktatur? von 1930 den Begriff "sozialer Rechtsstaat". Die Schulzeit verbrachte Heller bis zur sechsten Gymnasialklasse am K. K. Albrechts-Gymnasium in Teschen; 1908 wechselte er an das Kronprinz-Rudolf-Gymnasium in Friedek, wo er 1910 das Abitur ablegte. AMS Nach dem Abitur studierte Heller an den Universitäten Kiel (ab dem Wintersemester 1912/13), Wien (Sommersemester 1913), Innsbruck und Graz (Wintersemester 1913/14) Rechts- und Staatswissenschaften.[2] Am Ersten Weltkrieg nahm er als Einjähriger Freiwilliger in einem Artillerie-Regiment der österreichischen Armee teil, wobei er sich 1915 an der Front ein Herzleiden zuzog. Seine Doktorprüfung legte er am 18. Dezember 1915 während eines Armeeurlaubs an der Universität Graz ab. Danach setzte er bis zum Kriegsende seinen Kriegsdienst in der Militärgerichtsbarkeit fort. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs begann Heller in Leipzig mit der Arbeit an seiner Habilitationsschrift, die er 1919 in Kiel abschloss. Während des Kapp-Putsches versuchte er zusammen mit Gustav Radbruch in Kiel zwischen den Parteien zu vermitteln und wurde mit ihm zusammen vom Militär inhaftiert.[3] Am 16. März 1920 wurde er mit der venia legendi für Rechtsphilosophie, Staatslehre und Staatsrecht habilitiert. Ebenfalls in Kiel heiratete er Gertrud Falke. 1921 wechselte er zunächst wieder nach Leipzig, wo er an der Juristischen Fakultät umhabilitiert wurde. Von 1922 bis 1924 leitete er das Leipziger Volksbildungsamt.[4] Doch schon 1926 verließ er Leipzig wieder und arbeitete als Referent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin. 1928 wurde er dann an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin zum außerordentlichen Professor für öffentliches Recht ernannt; er lehrte in dieser Zeit gleichzeitig an der Deutschen Gruppe Hochschule für Politik. Anfang 1928 hatte Heller eine kurze Liaison mit der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer. Diese gebar am 1. Januar 1929 die gemeinsame Tochter Cordelia. 1932 wurde Heller zum ordentlichen Professor für öffentliches Recht an der Universität Frankfurt ernannt. Hamburg, Bremen, Hannover, Osnabrück, Oldenburg, Braunschweig, Die dortige Fakultät leistete schon erheblichen Widerstand gegen die Ernennung Hellers. 1933 schließlich entzog sich Heller den Nationalsozialisten, indem er nach einem Vortragsaufenthalt in Großbritannien nicht mehr nach Deutschland zurückkehrte, sondern eine Einladung des spanischen Kultusministers annahm, als Gastprofessor an der Universität Madrid zu lehren. Am 11. September des Jahres wurde er dann aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aus dem deutschen Staatsdienst entlassen. Am 5. November des Jahres erlag Heller in Madrid dem Herzleiden, das er sich im Ersten Weltkrieg zugezogen hatte. Roland Wehl, Wehler, Wehlchen, Wirken. Er gehörte zu den wenigen Vertretern seines Faches, die sich vorbehaltslos für das demokratische Prinzip der Weimarer Republik einsetzten. Als ein Antipode Hellers gilt Carl Schmitt. Die Auseinandersetzung Heller/Schmitt, die nach anfänglich gegenseitige Bewunderung ausdrückenden Briefkontakt ab 1928 immer schärfer wurde, kulminierte 1932 in dem Prozess "Preußen contra Reich", bei dem Heller die SPD-Landtagsfraktion vertrat und Schmitt einer der Vertreter des Reiches war. Heller war 1922 eines von 43 Gründungsmitgliedern der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer sowie Mitglied im Hofgeismarer Kreis, der sich für eine national gesinnte Sozialdemokratie einsetzte. Als Hellers Hauptwerk gilt sein Buch "Staatslehre", an dem er fieberhaft bis zu seinem frühen Tode schrieb. Er schaffte es dennoch nicht das Manuskript fertigzustellen. Nach seinem Tod vervollständigte Gerhart Niemeyer das Manuskript so weit wie anhand der vorhandenen Unterlagen möglich zur Druckreife. Mit Hilfe von Rudolf Sebald Steinmetz und Wilhelm Adrian Bonger konnte das Werk 1934 im niederländischen Verlag A. W. Sijthoff's itgeversmaatschappij in Leiden veröffentlicht werden.[5] Hellers Staatslehre, die sich sowohl von Positivismus als auch von Idealismus lossagte, gilt als wichtiges Werk für die Etablierung einer Politikwissenschaft in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu den ersten Rezipienten zählen Ernst Fraenkel und Wolfgang Abendroth. Heller wird heute mitunter auch als "Vater der Politischen Wissenschaft in Deutschland" bezeichnet. Mit dem Ende des Verlags A. W. Sijthoff Anfang der 1970er Jahre wurde der Restbestand der fünften Auflage von Hellers Staatslehre vom Verlag Mohr weitergeführt. Die derzeit (Juli 2007) aktuelle Auflage ist die sechste Auflage von 1983.
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